Intention einer (digitalen) Veranstaltung

Willkommen zurück hier im Podcast nach einer längeren Weihnachts- und Winterpause. Heute sprechen wir über die Intention hinter einer Veranstaltung. Oft geht es bei Veranstaltungen (egal ob digital oder analog) nicht nur um Wissen und Kompetenzen, sondern auch um andere Dinge. So dienen zum Beispiel Info-Veranstaltungen oder Messen auch oft als Netzwerk-Veranstaltungen. Oder ein Workshop soll nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch gleich die nötige Motivation liefern, mit dem Thema des Workshops weiterzumachen.

Wer jetzt eine digitale Veranstaltung plant oder eine ehemals in Präsenz stattfindende Veranstaltung digitalisiert, muss das beachten. Wenn nicht, dann kann es passieren, dass die Veranstaltung nicht funktioniert und die Teilnehmer:innen unzufrieden sind oder zumindest denken „Na ja, früher hat das besser geklappt. Analog war das besser. Digital? Hm, nee, da fehlt irgendwie was… Das ist nicht so das Wahre.“

Beispiel für eine fehlgeplante digitale Veranstaltung

Ich erzähle euch dazu ein Beispiel: Das ist jetzt fiktiv, aber es gab genug Sachen, die ich mitbekommen habe oder wo ich selber dabei war, die dazu führen, dass es ein sehr realistisches Beispiel ist 😉 Also angenommen, die Sozialarbeiter:innen einer Stadt oder eines Landkreises treffen sich einmal pro Schuljahr zu einer Infoveranstaltung. Dabei werden sie informiert, was es für neue Regelungen und Gesetze zu ihrer Arbeit gibt. Und es gibt immer dann noch einen Workshopslot, wo sie sich dann entscheiden können zwischen verschiedenen Themen: fachliche Themen oder so was wie Soft Skills, sowas wie Rhetorik oder so, wo sie dann eben einen kurzen Workshop noch besuchen können. Jetzt kann man sagen: Okay, der Kern oder die Intention dieser Veranstaltung ist also (a) die Wissensvermittlung, also zum Beispiel es gibt hier neues Gesetz, und (b) der Aufbau einer neuen Fähigkeit im Workshop. Tatsächlich spielt aber hier auch der Austausch eine ganz große Rolle: Also vor Beginn der Veranstaltung schnackt man am Stehtisch mit einer Butterbrezel, in der Pause plaudert man noch am Kaffeebuffet und in der Gruppenarbeit des Workshops – na ja, da wird man sich wahrscheinlich auch nicht nur auf den Workshop konzentrieren, sondern auch vielleicht über andere Dinge reden. Und diesen Austausch kann man jetzt noch mehr konkretisieren: Also es geht zum einen einfach um diese sozialen Kontakte, wenn man eine Bekannte wiedersieht, die hat man damals in der Fortbildung kennengelernt hat und einmal pro Schuljahr wiedersieht. Ein anderer Aspekt vom Sozialen ist, neue Kontakte zu knüpfen: Also wenn zum Beispiel jemand neu in diesem Job ist, dann lernt die Person bei diesem Treffen Kolleginnen und Kollegen kennen, an die man sich vielleicht mal wenden kann. Wenn man eine Frage hat, dann geht es auch um den informellen Informationsaustausch und kollegiale Beratung. Also angenommen, am Kaffeetisch kommt das Gespräch darauf, dass eine Sozialarbeiterin die anderen fragt: „Ist bei euch an der Schule auch so ein Problem, dass ganz viele Kids anfangen, E-Zigaretten zu rauchen?“ und sich dann eben austauscht: Ja, da haben die anderen das Problem auch! Wie gehen sie damit um? Haben sie eine Lösung gefunden? Und so weiter und so fort. Und im besten Fall fühlt die Fragestellerin sich dann motiviert, weil sie eben merkt: Okay, ich bin nicht alleine mit dem Problem! Oder: Ich habe jetzt einen guten Tipp bekommen, wie ich damit umgehen kann. Oder zumindest: Hey, den anderen geht es genauso. Ich bin nicht alleine.

Wenn man jetzt diese Veranstaltung digital abhält, und ein Webinar veranstaltet, wo jemand in einem Vortrag die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen erklärt, und danach noch einen kurzen und nicht sehr interaktiven Workshop hält – dann ist es ja klar, dass die Sozialarbeiter:innen von der digitalen Variante nicht sehr begeistert sind, weil eben dieser ganze Austausch jetzt gefehlt hat! Und genau das passiert quasi, wenn jemand sagt „Ja, digital, das ist nicht so das Wahre“, weil dann in der Regel die wirkliche Intention der Veranstaltung nicht richtig bei der bei der Planung dieser Veranstaltung bedacht wurde. Diesen Info-Teil hat man hier einfach übersetzen können. Das ist kein Problem. Aber es wurde nicht bedacht, dass dieser Plausch in der Kaffeepause und mit der Butterbrezel, ebenfalls total wichtig ist für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Und ja, das hat man jetzt eben nicht umgesetzt und dementsprechend kommen die Veranstaltungen nicht gut an.

Mögliche Intentionen von Veranstaltungen

Was genau kann denn jetzt so eine Veranstaltung für verschiedene Intentionen haben? Ich habe jetzt mal einige mitgebracht und jeweils noch ein oder zwei Beispiele – aber vielleicht gibt’s auch noch mehr. Und vielleicht ist das ja auch für eure ganz konkreten Fälle noch mal was anderes, je nachdem, in welchem Kontext ihr eure Veranstaltung plant.

Aber ich habe jetzt erst mal hier sechs verschiedene Intentionen mitgebracht, nämlich zum einen Wissensvermittlung, also so was wie die französische Grammatik. Oder wie lautet die Definition für den Begriff Biodiversität? Dann Fähigkeiten, also wie macht man etwas? Wie kann man ein Wörterbuch benutzen, um da dieses Wort rauszusuchen oder wenn man den Satz des Pythagoras im Matheunterricht kennengelernt hat, wie kann man ihn jetzt genau benutzen, um damit etwas auszurechnen? Dann der Austausch, den haben wir eben schon genannt. Das ist eine wichtige Intention, ist also so wie zum Beispiel: Welche Lernmethoden funktionieren für dich oder wie in unserem Beispiel mit den Sozialarbeiterinnen: Habt ihr an eurer Schule auch dieses oder jenes Problem? Und wie geht ihr damit um? Dann ist Selbstreflexion noch eine wichtige Intention. Also zum Beispiel so was wie: Wie geht es mir mit dieser Erfahrung? Oder: Was tut mir in der Coronazeit gut? Motivation also zum Beispiel so was wie: Hey, wissenschaftliches Schreiben ist gar nicht so schwierig, ich krieg das hin! Oder: Ich traue mich Französisch zu sprechen, auch wenn ich einen Akzent habe. Und dann gibt es natürlich noch die Gewohnheiten, also dass man zum Beispiel die Gewohnheit entwickelt, an Lektüretagebuch zu führen oder regelmäßig Pausen bei der Arbeit zu machen. Und wie gesagt, vielleicht gibt es für deinen Fall auch noch andere Intentionen, die dir wichtig sind.

Beispiele für mit Intention geplante digitale Formate

Bei den Veranstaltungen hier im Podcast habe ich viele Gesprächspartner:innen danach gefragt, was denn bei ihnen so der Kern der Veranstaltung war, was ihnen wichtig war. Und ich möchte jetzt hier noch drei verschiedene Folgen hervorheben. Falls ihr die noch nicht gehört habt, dann könnt ihr die auch einfach nachholen!

  1. Das Gespräch mit Luis und Gunnar über die digitale Abschlussveranstaltung in dem Projekt Schüler*innen-Haushalt.
  2. Die Folge mit Ricarda Kiel über eine Schreibwerkstatt für einen Buchlaunch.
  3. Und als letztes noch die Folge mit Rob Gelb, dem CEO von Summit.

Besser planen: 3 Fragen für eure nächste digitale Veranstaltung

Für euch habe ich folgende Tipps auf Lager. Und zwar würde ich euch vorschlagen, dass ihr euch die folgenden drei Fragen stellt: Die erste ist: Was ist die Intention meiner Veranstaltung? Dazu habe ich euch ja schon verschiedene mögliche Intentionen und Beispiele genannt. Vielleicht ist es eine davon, vielleicht sind es zwei davon, vielleicht ist es auch was anderes. Im Beispiel mit den Sozialarbeiterinnen: Was genau sich im Gesetz ändert (Intention Information) kann man im Zweifelsfall auch irgendwo nachlesen. Ich glaube, dass es da besser gewesen wäre, wenn man da eher den Fokus auf den Austausch gelegt hätte und für die Information einen Link mitgeschickt hätte oder ein PDF. Also, überlegt euch was genau steckt in meiner Veranstaltung drin? Was ist das Ziel der Veranstaltung? Was ist der Kern der Veranstaltung? Warum gehen die Leute gerne zur Veranstaltung oder warum ist die Veranstaltung wichtig für meine Zielgruppe?

Die zweite Frage ist Wie kann ich das fördern oder ermöglichen? Also wenn ihr jetzt festgestellt habt, dass zum Beispiel Motivation sehr wichtig bei einer Veranstaltung ist ist, dass ihr euch dann Gedanken macht: Was könnte denn alles dazu führen, dass die Leute sich motiviert fühlen? Das könnte vielleicht sein, wenn sie einen Vortrag hören von einer motivierenden, inspirierenden Persönlichkeit, der ihnen Motivationsstories erzählt. Das könnte sein, dass sie vielleicht so etwas wie einen Buddy vermittelt bekommen bei der Veranstaltung und man sich dann gegenseitig motiviert und bei der Stange hält. Das könnte sein, dass man bei der Veranstaltung auch noch Selbstreflexion als Intention mit rein nimmt, um sich darüber klar zu werden: Warum ist mir das Thema denn wichtig? Und daraus schöpfe ich dann die Motivation, die mich dann dazu bringt, mit dem Thema weiterzumachen. Also dass man sich eben überlegt, was könnten verschiedene Möglichkeiten sein, wie ich diese Intention fördern oder ermöglichen kann.

Und die dritte Frage ist dann: Wie kann ich das konkret in meinen Veranstaltungen einbauen? Und hier ist man entweder in der Lage, dass die Veranstaltung digital ganz neu geplant wird, oder dass man die Veranstaltung schon mal durchgeführt hat und quasi schon so einen Plan hat, den man jetzt irgendwie umbaut. Das ist natürlich jetzt oft nicht so einfach, weil man sagt „Na ja, aber ich habe halt nur zwei Stunden Zeit“ oder weil man irgendwelche anderen Rahmenbedingungen hat, an die man sich halten muss. Deswegen ist es vielleicht nicht möglich, alle idealen Sachen, die euch im zweiten Schritt eingefallen sind, auch wirklich einzubauen. Und das ist normal und das ist auch nicht schlimm! Aber zumindest eine Sache solltet ihr dann irgendwie ändern oder einbauen, die euch näher dazu bringt, dass diese Intention der Veranstaltung wirklich getroffen wird.

Wenn wir jetzt nochmal auf dieses Beispiel mit diesen Sozialarbeiter:innen zurückgehen: Da könnte es sein, dass man einen Raum für Austausch aufmacht. Oder dass man anstelle eines Workshops eine Reflexionssession anbietet, wo man dann zum Beispiel darüber redet: Was sind denn aktuell die Herausforderungen? Wie geht es mir damit und welche Tipps kann ich weitergeben an die anderen, die vielleicht ähnliche Herausforderungen haben? Oder welche Tipps kann ich mir holen? Oder man könnte auch im Vorfeld abfragen, was gewünscht ist und mehr Flexibilität und Wahlmöglichkeit bei der Veranstaltung bieten. Man könnte sogar so ein bisschen in ein Barcampformat reingehen. Bei einem Barcamp gibt man die Themen der Veranstaltungen nicht vor, sondern guckt am Tag der Veranstaltung, welche Themen bei den Teilnehmer:innen gerade wichtig sind, welche Themen sie sich gerade wünschen und ermöglichen dann ggf. selber so eine Session zu moderieren. Wie gesagt, ich weiß, dass es nicht immer möglich ist. Aber selbst wenn man in einer eher konservativen Organisation arbeitet, kann man da ja vielleicht im kleinen Rahmen mal so ein Experiment wagen und sagen: Hey, lass uns doch mal für diese Sache das ausprobieren, das einen Tacken offener zu machen! Es muss ja nicht gleich ein komplettes eintägiges Barcamp bei rauskommen, das weiß ich, dass das nicht realistisch ist, aber probiert es mal aus. Und zum Thema Barcamp haben wir hier im Podcast auch schon mehrere Folgen gehabt, wo ihr euch informieren könnt, wie das funktioniert und wie das digital geht. Was es da so für Best Practices gibt.

Ein eigenes (Negativ-)Beispiel

Für den Schluss möchte ich noch ein eigenes Beispiel erzählen und zwar diesmal ein Negativbeispiel. Wir haben ja oben schon gute Beispiele gehört. Ich möchte ein Negativbeispiel erzählen: Und zwar habe ich vor ein paar Jahren mal mitbegründet, dass es hier in meiner Stadt einen Social Media Stammtisch gibt, also für Menschen, die sich für Social Media interessieren oder in dem Bereich arbeiten. Und primär ist die Intention von diesem Event, von diesem Stammtisch eigentlich, dass man sich austauscht, dass man irgendwie Bekannte wiedersieht, dass man vielleicht so schnackt: Was machst du gerade? Was funktioniert bei dir? Was hältst du von dem neuen Social Media Trend? Ich weiß noch, dass wir damals mal uns getroffen haben, als gerade dieser sehr kurze Hype war zu diesem neuen Social Network Vero. Ich weiß nicht, ob ihr euch daran erinnert, dass war so 2016 oder so? Ist schon echt lange her, da gab es das Social Network. Dann haben wir uns zum Beispiel darüber unterhalten, ob wir da Potenziale sehen und wer das schon mal ausprobiert hat und so weiter und so fort. Und ich war ein bisschen sehr enthusiastisch, zu enthusiastisch. Und mein Vorschlag war dann, ob wir nicht noch so eine Art Lern-Element da mit reinbringen wollen, dass das nicht einfach nur so ein offener und moderierte Austausch ist, sondern dass für jede Session eine Person sich ein bisschen vorbereitet und irgendwas mitbringt, also vielleicht so ein Learning mitbringt aus der eigenen Arbeit. Und da muss ich ehrlich zugeben, dass diese Idee auf nicht so gutes Feedback gestoßen ist. Weil ich vermute, dass die Leute dann gedacht haben: Oh Gott, da muss ich mich ja committen. Wenn ich dann dazu sage, muss ich ja wirklich da hinkommen. Und wenn irgendwas dazwischen kommt, dann muss ich halt einen Auftrag absagen, damit ich zu dem Stammtisch kommen kann. Dann muss ich was vorbereiten. Da muss ich Zeit investieren. Das hat sich dann doch wieder irgendwie so ein Termin an und ist es überhaupt interessant, was ich da erzählen kann? Was, wenn ich dann irgendetwas mitbringe und irgendjemand sagt Ja, das ist aber falsch was du da sagst oder das hätte ich anders gemacht. Ich glaube, die Leute hatten kein Bock, sich freiwillig für so ein Referat zu melden. So kam das ein bisschen rüber. Und da bin ich wahrscheinlich zu sehr von mir ausgegangen, dass ich da kein Problem mit gehabt hätte und mich halt sehr freuen würde, wenn die anderen ihre Learnings teilen und das ein bisschen unterschätzt habe, dass für die anderen wahrscheinlich einfach der Austausch wichtiger war, als dass es zu einem Lern -Event wird. Aber okay, ich habe das dann verstanden und habe natürlich auch niemanden dazu gezwungen, das irgendwie einzuführen, sondern wir haben es dann beim offenen Austausch belassen.

So, das war die Folge zum Thema Intention einer Veranstaltung. Ich hoffe, dass es euch einen Anstoß gegeben hat, wenn ihr dazu diskutieren möchtet oder wenn ihr dazu auch eigene Erfahrungen teilen möchte, dann könnte das total gerne bei Instagram machen. Ihr findet uns unter dem Account @didntcancelwentdigital und da wird es natürlich Postings geben zu dieser Folge und da könnt ihr gerne euren Senf dazu lassen! Da freue ich mich drauf und ansonsten könnt ihr auch gerne Themenvorschläge bringen bzw. wenn ihr selber coole digitale Formate gemacht habt in den letzten zwei Jahren, dann meldet euch gerne und dann können wir darüber schnacken. Natürlich immer mit dem Ziel, dass da ein bisschen Motivation und ein bisschen Learnings rüberkommen für die Hörerinnen und Hörer dieses Podcast, denn das gehört auf jeden Fall zu unserer Intention!